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Mai 2021 - KonTiki & Terra-Preta for the Win

Der Aufbau eines stabilen, humosen Boden ist eines der Hauptanliegen der Waldgeister. Hierfür eignet sich die Einarbeitung von aktivierter Pflanzenkohle in den Kompost ganz besonders gut. Für deren Herstellung gibt es verschiedenste Möglichkeiten. Dazu zählen u.a. ein Erd-KonTiki (trichterförmige Feuerstelle) oder ein Holzvergaser-Pyrolyse-Ofen. Zu beidem findet ihr Bauanleitungen auf unserem YouTube-Kanal. Falls die Zeit oder das Talent zum selber bauen fehlt, lässt sich Zweiteres auch über unseren Verein erwerben und kommt unserer Arbeit zu Gute. Eine weitere, quasi professionelle Variante ist ein Edelstahl-KonTiki.




Dank einer Förderung durch die Kreuzbergallianz e.V. konnten wir uns als Verein einen mobilen Edelstahl-KonTiki leisten, der mit einem Frontlader-Gabel am Traktor oder Hubwagen bewegt werden kann. Der Blogbeitrag soll einen Einblick über folgende Themen liefern:

  1. die Geschichte der Terra-Preta (pflanzenkohlehaltige Schwarzerde) und die Funktionsweise & Vorteile der Pflanzenkohle im Boden

  2. die Herstellung der Pflanzenkohle im KonTiki

  3. die Idee der Nutzbarmachung des KonTikis oder der Pflanzenkohle für Landwirte und Menschen aus der Region

  4. Auszug aus der Studie „Chancen und Risiken des Einsatzes von Biokohle und anderer „veränderter“ Biomasse als Bodenhilfsstoffe oder für die C-Sequestrierung in Böden“


Da dies kein wissenschaftlicher Text werden soll, gehe ich nicht zu tief in die chemischen, biologischen Prozesse ein. Ich versuche alles so verständlich wie möglich zu halten, nutze jedoch auch Textauszüge aus anderen Artikel, die möglicherweise schwieriger zu verstehen sind, gewisse Sachverhalte jedoch sehr gut auf den Punkt bringen. Für Vollständigkeit und endgültige Richtigkeit kann ich nicht garantieren, da auch die Forschung zu diesem Thema weiterhin in vollem Gange ist.



1. Geschichte der Terra-Preta


Um die Geschichte der Terra-Preta (portugiesisch für Schwarze Erde) ranken sich viele Mythen. Ich versuche frei von diesen Mythen vom aktuellen Stand zur Entdeckung und Erforschung der Terra-Preta zu berichten. Entlang des Amazonas Flusses liegen die meisten Fundstellen, welche erst in den letzten Jahrzehnten entdeckt wurden. Die Entstehungszeit wird auf 500-7000 Jahre geschätzt und ist trotz des immensen Alters nach wie vor sehr fruchtbar.(1)

Die Eigenschaften der auch als schwarzes Gold der Inkas bezeichneten Terra-Preta sind u.a. die ausgezeichnete Speicherfähigkeit von Wasser und Nährstoffen, sowie die Widerstandsfähigkeit gegenüber Umwelteinflüssen auf Grund der teils meterdicken Erdschichten. Ein wesentlicher Bestandteil, die Pflanzenkohle, zeichnet sich u.a. durch ihre Porosität und dem damit verbundenen Lebens- und Rückzugsraum für Kleinstlebewesen und Mikroorganismen sowie der genannte Speicherfähigkeit aus. Weiterhin kann Kohlenstoff dauerhaft im Boden gebunden werden. Durch die Pyrolyse entschwinden deutlich Klimagase weniger in die Atmosphäre als bei vollständiger Verbrennung und durch die Zugabe der Kohle in den Kompost verhindert es um die 40 % an nährstoffreicher Ausgasung im Vergleich zum Kompost ohne Pflanzenkohlezusatz. (2) Ein funktionierender Boden kann mit Hilfe der Pflanzenkohle zusätzlich Schadstoffe binden und verhindern, da diese über die Pflanzen in die Nahrungskette gelangen bzw. diese aus den Pflanzen herausziehen.

Bis ins letzte Detail ist die Entstehung und Wirkungsweise noch nicht erforscht. Der bisherige Wissensstand und vor allem die praktische Erfahrung lassen aber jetzt schon den Schluss zu, dass die Verwendung von Pflanzen-/Biokohle beim Bodenaufbau und der Kompostwirtschaft eine große Rolle für eine gesunde, nachhaltige Landwirtschaft spielen kann und sollte. Im Folgenden einige Auszüge zu wissenschaftlichen Erkenntnissen zu diesem Thema:

„Wissenschaftliche Untersuchungen [….] fruchtbarer, Schwarzerde-artiger Böden im Amazonasgebiet lassen auf eine anthropogene Entstehung schließen. Die stoffliche Zusammensetzung der Terra-Preta wird auf die aerobe und anaerobe biochemische Umsetzung organischer Siedlungsabfälle zurückgeführt. Der hohe Anteil stabiler Kohlenstoffverbindungen kann der Zugabe von Holzkohlen zugeschrieben werden. Sie werden als wesentliche Ursache für den günstigen Humus-, Nährstoff- und Wasserhaushalt dieser Böden angeführt.“ (3)

„Aus den postitiven Eigenschaften „resultieren Bestrebungen in Deutschland und vielen anderen Ländern, Technologien zur Herstellung und Anwendung organischer Bodenhilfsstoffe (bzw. Bodenverbesserungsmittel) zu entwickeln und in die Praxis einzuführen. So sollen in ähnlicher Weise Böden mit stabilen organischen Verbindungen angereichert und in ihren Bodenfunktionen, insbesondere ihrer Fruchtbarkeit verbessert werden. Für die Zufuhr stabiler Kohlenstoffverbindungen wird die Verwendung von sogenannten „Biokohlen“ favorisiert, die aus Biomasse bzw. organischen Stoffen durch Pyrolyse oder hydrothermale Carbonisierung hergestellt werden. Dabei variieren die stoffliche Zusammensetzung und physikalischen Eigenschaften der Biokohlen in starkem Maße in Abhängigkeit der zur Produktion verwendeten Inputmaterialien sowie Verfahren und Prozessparameter (Temperatur, Dauer etc.). Zur Anwendung in Böden oder zur Herstellung von Böden nach dem Vorbild der Terra-Preta werden die Biokohlen mit weiteren organischen Stoffen sowie teilweise auch mineralischen Komponenten vermischt sowie fermentiert und/oder kompostiert. Die große Bandbreite der Inputstoffe, Prozessparameter und Kombinationen impliziert eine erhebliche Variabilität der Qualität der möglichen Endprodukte.“ (3) „Diese Erde ist tiefschwarz, und während übliche Humusschichten* nur wenige Zentimeter dick sind, erstreckt sich Terra-Preta oft mehr als einen Meter in die Tiefe. Ihr Phosphor- und Stickstoffgehalt ist fünfmal höher als in normalen Böden. Sie enthält 10 - 20 Prozent Humus. Zum Vergleich: Bei guten Ackerböden mit wenigen Zentimetern Dicke sind es drei Prozent Humus und bei Gartenböden selten mehr als fünf Prozent.“ (1) *Humus: Bestandteil des Bodens, der durch mikrobiologische und biochemische Zersetzung abgestorbener tierischer und pflanzlicher Substanzen in einem ständigen Prozess entsteht


2. Pflanzenkohleherstellung im KonTiki


Zur Herstellung der für Terra-Preta benötigten Pflanzenkohle bzw. Biokohle kann zum Beispiel der Astschnitt aus der Pflege des Obstbaumbestandes oder Parks genutzt werden. Durch die langfristige Speicherung des Kohlenstoffs im Boden ist sogar der Anbau und Verwertung von schnell wachsenden Gehölzen umweltfreundlich, da mehr Kohlenstoffdioxid eingelagert wird, als bei der Pyrolyse in die Luft entweicht.

Das Thema Agroforst (s. Links am Textende) ist in diesem Zusammenhang ganz besonders spannend, da die Bäume und Sträucher ohnehin geschnitten werden sollten und das nötige Material für die Pflanzenkohlegewinnung so direkt vor Ort anfällt und im Stoffkreislauf gehalten werden kann. Die fertige Pflanzenkohle kann anschließend in den Kompost und somit auf die Gemüsebeete, unter Beerensträucher, auf die Äcker oder auf die bepflanzten Baumscheiben um die jeweiligen Bäume aufgebracht bzw. eingearbeitet werden. Auch die Wärme bei der Pyrolyse könnte im größeren Maßstab zur Beheizung der Ställe oder Gewächshäuser genutzt werden. Im Folgenden beschreibe ich, wie mit einem KonTiki Pflanzenkohle hergestellt wird. Ein KonTiki, ob unser Profi-Edelstahl-KonTiki oder eine Erd-KonTiki Feuerstelle ist trichterförmig aufgebaut. Bei solchen aus Metall oder gemauerten Feuerstellen ist ein Ablaufgitter, im Optimalfall sogar nicht Wasserauffangmöglichkeit, zu empfehlen. Neben unseren Videos zumBei regelmäßigenNachschüren /Nachlegen des Brennguts verbrennen die unteren Glutschichten nicht vollständig, da die Trichterform die Sauerstoffzufuhr im unteren Bereichdes Feuers verringert.Die Pflanzenkohle wird so in einer Sauerstoffmangelatmosphäre bei ca.560 - 680 °C hergestellt. Wenn der KonTiki gut gefüllt ist und so gut wie keine Flammen mehr zu sehen sind, kommt es zum Ablöschen, um eine vollständige Verbrennung zu vermeiden. Wir wollen Kohle und keine Asche. Im Optimalfall verbrennen nur die sogenannten Lignine. Es ist auch möglich noch brennende größere Stücke vor dem Ablöschen vom Feuer zu nehmen. Zum Ablöschen eignet sich nährstoffreiche Flüssigkeit am besten, da hierdurch die Pflanzenkohle direkt mit Nährstoffen versetzt wird und dies nicht im Nachhinein passieren muss. Reine Pflanzenkohle kann unter Umständen in einem sonst nährstoffarmen Boden bzw. Kompost zu Beginn sogar kontraproduktiv sein, da sie so lange Nährstoffe bindet, bis sie Chemisch gesättigt ist. Geeignete Flüssigkeiten sind z.B. Urin, Güllen oder Jauchen, was von außen auf die Glut geschüttet werden sollte. Anschließend so viel Wasser dazugeben, bis das komplette Material abgedeckt ist. In unserem Edelstahl-KonTiki ist es sogar möglich, die verwendete Flüssigkeit im Anschluss wieder aufzufangen und anderweitig zu verwenden. Die abgelöschte Kohle sollte nun trocknen, bevor sie dann zerkleinert werden kann. Dazu langt im Prinzip eine stabile Box, z.B.: eine Maurerwanne und ein Bello (Vorschlaghammer) oder auch eine alte Futter- oder Hammermühle oder Vergleichbares. Auf 40 l zerstoßene Pflanzenkohle können noch 10kg Urgesteinsmehl/Diabasmehl zur Mineralisierung und je nach Wunsch 4l Effektive Mikroorganismen hinzugegeben werden. Fertig ist das lagerbare Endprodukt, was jetzt in den Langzeitkompost, zur Heißrotte oder auch als Beigabe zum Stroh in die Ställe und zur Verwendung einer Trenntoilette eingebracht werden kann.





3. Idee und Vision der Waldgeister zur Nutzung des neuen Edelstahl-KonTikis:


Der neu erworbene Edelstahl-KonTiki soll selbstverständlich nicht nur unseren Beeten zu Gute kommen. Durch den Unterbau ist es möglich, ihn mit einem Traktor zu bewegen und dadurch eine gewisse mobile Anwendung zu gewährleisten. Die Schließung von Stoffkreisläufen ist eines der großen Anliegen unseres Vereins. Unser Standort in der Rhön ist sehr landschaftlich und landwirtschaftlich geprägt, wodurch es noch jede Menge Streuobstwiesen und privaten Baum-, & Sträucherbestand gibt, die alle hin und wieder geschnitten werden. Anstatt den Astschnitt auf den nächstgelegen Grüngutplatz zu bringen, von welchem das Material weiter weg transportiert wird und die Region verlässt, ist es unserer Ansicht nach sinnvoll, diesen wieder vor Ort in den Stoffkreislauf zu bringen.

Dabei haben wir uns vorgestellt, dass der KonTiki ausgeliehen werden kann, um die Kohle auf dem eigenen Grundstück selber herzustellen. Auch der Erwerb der fertigen Kohle aus dem zuvor bei uns abgeladenen Astschnitt ist eine Möglichkeit, an die aktivierte Pflanzenkohle zu kommen, um diese zum Einstreu für die Ställe zu geben oder in die eigenen Gärten und Äcker zu integrieren. Sowohl an unserem Kompostplatz als auch an der unteren Zufahrt ist genug Platz, um einiges an Material abzuladen. Also liebe Menschen aus Waldberg und Umgebung, scheut euch nicht, uns euren Astschnitt zu bringen.

Selbst wenn ihr kein Interesse an der Arbeit mit Pflanzenkohle habt, können wir selbst nicht genug davon in unsere Böden einbringen ;)

Neben der Herstellung der Kohle, freuen sich unsere Totholzhecken natürlich auch immer über neues Material.





4. Auszug aus der Studie Chancen und Risiken des Einsatzes von Biokohle und anderer veränderter Biomasse als Bodenhilfsstoffe oder für die C-Sequestrierung in Böden


Der folgende Abschnitt ist aus der oben genannten Studie, die vom Umweltbundesamt in Auftrag gegeben wurde. Hier sollen weitere Möglichkeiten gezeigt werden wie Biokohle aus organischem, kohlenstoffhaltigem Material in größerem Maßstab Verwendung finden könnte:

„Die verschiedenen Technologien zur thermochemischen Erzeugung von Biokohlen befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien von der Demonstrations- oder Pilotanlage bis hin zu industriellen Anlagen. Pyrolyse und Vergasung sind als Technologien in der praktischen Anwendung etabliert. Es existieren bereits auch erste Anlagen im industriellen Maßstab zur hydrothermalen Carbonisierung von Klärschlamm und Gärresten. Die hydrothermale Carbonisierung besitzt den Vorteil, wasserreiche Biomasse direkt, ohne vorhergehende Trocknung einsetzen zu können. Allen Verfahren gemein sind Bestrebungen, die energetische und stoffliche Effizienz zu erhöhen, die Bildung von Schad- und Abfallstoffen zu reduzieren und zusätzliche Wertschöpfung durch Nebenprodukte oder neue Produkteigenschaften zu kreieren. Für die thermochemische Umwandlung von Biomasse in Kohle ist eine große Bandbreite an biogenen Reststoffen geeignet. Den größten Anteil der geschätzten Biomasse-Potenziale in Deutschland steuern dabei Nebenprodukte und Reststoffe aus der Land- und Forstwirtschaft bei. Die Herstellung von Kohlen aus biogenen Reststoffen kann davon profitieren, dass die meisten dieser Ausgangsstoffe ohnehin sachgemäß gesammelt, gelagert, behandelt bzw. verarbeitet werden müssen, um den Schutz der Umwelt zu gewährleisten. Somit können bei der Biokohleherstellung erhebliche Aufwendungen insbesondere für die Reststoffbehandlung entfallen. Gegenüber der konventionellen biologischen Behandlung weist die Carbonisierung der Biomasse eine Reihe von Besonderheiten auf. Zu diesen zählen die intensive Stabilisierung des Kohlenstoffs, die relativ kurze Dauer der Carbonisierungsprozesse, die Zerstörung pathogener Erreger und potenzieller organischer Schadstoffe durch die hohen Prozesstemperaturen sowie der wirtschaftlichere Transport der Biokohle durch die starke Massereduzierung der ursprünglichen Biomasse. Dies bietet insbesondere auch neue Optionen für das Biomassemanagement zur Herstellung organischer Dünger aus holzartigen Reststoffen, Festmist, Gülle und Gärresten. Die Stabilität der Biokohlen gegenüber einem chemischen oder mikrobiellen Abbau ist von Bedeutung im Hinblick auf eine möglichst lang andauernde Wirkung ihrer bodenverbessernden Eigenschaften und die angestrebte Kohlenstoff-Speicherung im Boden.“ (3)




Ich hoffe der kleine Pflanzenkohle und KonTiki Exkurs war interessant genug, um einige von euch zum Nachahmen für diese wunderbare Methode zur Verbesserung des Komposts und des Bodens zu bewegen.

Viel Spaß beim Selber Bauen und Kohle machen :)




Quellen und Links:

(1) Kent-Depesche 08/2010: „Terra Preta – Das Geheimnis ewig fruchtbarer Humusböden“

(2) Bruno Glaser: "Pflanzenkohle – Stand der Forschung".: https://www.youtube.com/watch?v=ex2sFye9t_0&t=638s

(3) Texte 04/2016; Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: „Chancen und Risiken des Einsatzes von Biokohle und anderer veränderter Biomasse als Bodenhilfsstoffe oder für die C-Sequestrierung in Böden“ Links Agroforst: - https://www.youtube.com/watch?v=RaVS8e1HwOM - https://www.youtube.com/watch?v=xCNwVxC9ve4 - https://www.youtube.com/watch?v=MvgQtD0gZg4








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