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Die Welt hat kein Sparbuch bei der Bank



Während den Fahrradtouren auf den Autostraßen gibt es Gedanken, die immer wieder in meinem Kopf auftauchen. Immer wieder kommen mir Autofahrer entgegen, die einen Gesichtsausdruck zeigen, der mich traurig stimmt. Da sitzen sie, alleine, in ihren tonnenschweren, die Luft verschmutzenden Blechkisten und sehen ihre Umwelt durch eine eingerahmte Scheibe Glas hindurch an. Wie im Zoo, nur dass nicht ganz klar wird, ob man das Wildtier oder der Beobachter ist. Wahrscheinlich lassen sie sich dabei noch von einem Radioprogramm einreden, dass die ganze Welt fröhlich und gut gelaunt ist, untermalt von irgendwelchen standardisierten Musikstücke, die die Stimmung steigern sollen. Dabei sind sie in Wirklichkeit einfach nur ausgelaugt und schlapp. Wollen schnell nach Hause und von dieser, ihrer Welt nichts mehr wissen. Da wird schnell etwas Nahrung – reichhaltige Lebensmittel sind es in den wenigsten Fällen - aufgenommen. Nur damit man dem Hungergefühl etwas entgegen zu setzen hat und dann ab vor die Mattscheibe, die einen doch so schön berieselt und in eine andere Welt versetzen kann. Da ist man dann der Superheld, der die ganze Welt vor dem klar definierbaren Bösen beschützt oder die starke, selbstbewusste Frau, die nicht nur ihren eigenen Weg, sondern auch den perfekt gebauten Mann dazu findet.


Doch jeder weiß, dass diese Szenerien nur Illusionen sind. Illusionen, die niemals Wirklichkeit werden. Die Welt ist ihnen viel näher als jeder Film im Fernsehen. Sie befindet sich direkt auf der anderen Seite der Frontscheibe ihres Autos. Doch wie bei Momo sind die Menschen hinter der Zeit her, wollen sie durch schnellere Fahrzeuge einsparen und sammeln, für später, für ihren Urlaub oder dem Rentenalter. Wer weiß das schon. Doch die Welt hat kein Sparbuch bei der Bank. Sie ist hier und jetzt und heute.

Die Welt dringt beim Fahrradfahren regelrecht in mich ein. Jedes Mal wenn ich bergab den Wind in meinen Haaren spüre und die Augen zu kleinen Schlitzen zusammendrücke. Jedes Mal wenn ich die Landschaft links und rechts der Wege anschaue, sehe welche neue wilde Blumenart diese Woche zu blühen begonnen hat. Jedes Mal wenn ich bergauf die frische Luft schnell und tief einatme. Und jedes Mal wenn ich aus einem schattigen Tal in die Sonne fahre und ihre warmen Strahlen auf meinem Körper spüre. Da ist sie, die Welt. Sie ist so nah an mir dran, dass ich sie fast mit meinen Händen fassen kann.

Und dann ist da dieser Autofahrer, der mir mit seinem geistesabwesenden Blick entgegenkommt.


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